Ungleichheit der Gleichheitsversuche

Liebe Damen, liebe Herren: euch betrifft folgender Artikel gleichermaßen.

Von der Verunstaltung der deutschen Sprache mit Gendersternchen über rainbow-washing an der Eingangstür bis hin zu Diversity-Kursen im Unternehmen – welche dieser Absurditäten hat die Ungleichbehandlung der Frau beseitigt? Ach richtig, sie ist ja immer noch da.

Für mich als Frau bedeutet Gleichheit, dass alle gleich behandelt werden. Dass also der Fokus nicht auf den Unterschieden, sondern auf der Gemeinsamkeit liegt, die da wäre, ein Mensch zu sein und als ebendieser mit Respekt behandelt zu werden.

Gleichheit bedeutet für mich, dass ich wertschätzend behandelt werde. Egal, ob ich eine Frau oder ein Mann bin, homo- oder heterosexuell und egal, ob ich aussehe wie ein Spargel oder wie ein Kürbis.

Wenn ich lese und vor allem höre, wie krampfhaft mit immer wieder neuen Vorschriften und Kampagnen versucht wird, Gleichheit zu erzwingen, könnte ich laut auf den Tisch hauen (nicht gerade ladylike, I know). An Diskussionen wie dem Gendern entlädt sich der Frust der Menschen darüber, noch mehr Regeln aufgedrückt zu bekommen, noch mehr in seinem Handeln beäugt und zensiert zu werden. Und das zu recht.

Die schöne deutsche Sprache mit einem sperrigen Hopser zu versetzen, bringt uns Frauen gar nichts. Außer die Wut der Männer. Und auch zahlreicher Frauen.

Frauen gleich zu behandeln, wird vielmehr damit erreicht, dass Tampons seit 2020 denselben MwSt-Satz wie Klopapier haben (ist im Grunde auch nichts anderes, nur in anderer Form), dass Frauentoiletten in größerer Zahl vorhanden wären als Männertoiletten (würden wir ebenso an Bäumen pinkeln, wäre der soziale Aufschrei groß) und dass es in Einrichtungen jeglicher Art wie Fitnessstudios, Kinos, Einkaufscentern Möglichkeiten gäbe, Kinder abzugeben. Dann kann Frau all die Dinge tun, die auch Mann tun kann. Und wer argumentiert, dafür gäbe es keine ausgebildeten Aufpasser: Eltern haben keine pädagogische Ausbildung absolviert und können trotzdem auch fremde Kinder bei einer Geburtstagsfeier beaufsichtigen. Vielleicht ist hierfür in aller erster Linie normaler Menschverstand notwendig.

Liebe Frauen, liebe genderunabhängigen Aktivisten: durch eine Frauenquote steigt die Anzahl von Frauen in Führungspositionen genauso wenig wie durch den Zusatz „Bewerbungen von Frauen werden bei gleicher Qualifikation bevorzugt behandelt“. Wie bei jedem anderen Problem müssen wir auch hier auf die Ursache schauen, wieso mehr Männer als Frauen auf Führungspositionen sitzen.

Während der letzten Jahrzehnte sind feste Strukturen wie die klare Zugehörigkeit zu einer Partei (die zumeist sogar „vererbt“ wurde), zu einer Kirche (Menschen rennen den Kirchen weg, als würde der Teufel höchstpersönlich dort auf sie warten) sowie das feste Korsett gesellschaftlicher Strukturen (in die sich jeder ohne nachzudenken einfügte) aufgebrochen.

Was einerseits Unabhängigkeit und Fortschritt gebracht hat, nahm andererseits Sicherheit weg. Wer bin ich, wenn ich nicht mehr der konservative Familienvater bin, der das Geld verdient und seine Kinder nach christlicher Lehre erzieht?

Die Möglichkeit, in jeder Lebenssituation jeder sein zu können, der ich will, führt zu der überwältigenden Verantwortung, nun selbst entscheiden zu müssen, wer ich eigentlich sein will. Überforderung bringt den Menschen dazu, sich an den letzten Halmen der Sicherheit festzuklammern, die es noch gibt.

Für den Mann ist das unter anderem die Berufswelt. Hier ist vieles noch so, wie er es kennt und wie er sich wohlfühlt. Diese letzte Bastion der männlichen Macht, wird er bis zum letzten Mann verteidigen. Kein Zutritt für Frauen!

Denn während die Frauen sich den Weg vom folgsamen Hausmuttchen zur emanzipierten Frau über Jahrzehnte hart erarbeitet haben und sich dabei Stück für Stück selbst verändert haben, sind die Männer bei diesem Prozess auf der Strecke geblieben. Statt diesen Weg miteinander zu gehen, wurde ihnen das Ergebnis übergestülpt. Zumindest nehmen sie es so wahr.

Der Weg zu echter Gleichheit führt …Überraschung… über echte Gleichheit.

Liebe Männer, ich wünsche mir,

– dass ihr euch traut, eure Meinung auf klare und gleichzeitig empathische Weise zu äußern, ohne Angst zu haben, als egoistischer, aggressiver Mann zu gelten,

– dass ihr euch traut, Frauen ehrliche und respektvolle Komplimente zu machen, ohne Angst zu haben, wegen sexueller Nötigung angeklagt zu werden

– und dass ihr euch traut, eure echten Gefühle zu zeigen, ohne Angst zu haben, als Memme zu gelten.

Gleichheit erreichen wir ebenso wie Nachhaltigkeit nicht, indem eine Seite gegen die andere Seite wettert, den Zeigefinger erhebt und Forderungen stellt. Wir erreichen sie, indem sich alle Seiten mit ihren persönlichen Bedürfnissen an einen Tisch setzen und eine Lösung finden, die allen dient. Das Leben ist keine Herausforderung, die man alleine überwinden musst, sondern ein Projekt, das gemeinsam gestaltet wird. Mit Ehrlichkeit und Wertschätzung gegenüber sich selbst und jedem anderen.